Mit den Waffen des Geistes gegen den Geist der Waffen
Immer mehr Hochschulen werden für die Entwicklung
neuer Kriegstechnik und militärische Forschung genutzt. Mit der
Zivilklauselbewegung formiert sich jetzt Widerstand gegen die
Vereinnahmung der Universitäten durch das Militär.
(ag) Eine Zivilklausel ist eine Selbstverpflichtung von
wissenschaftlichen Einrichtungen, ausschließlich für zivile und
friedliche Zwecke zu forschen. Das setzt voraus, dass die Universität
keine Drittmittelkooperationen mit der Bundeswehr oder
Rüstungsunternehmen eingeht und so für deren Zwecke eingespannt werden
kann.
1986 wurde erstmals eine Zivilklausel in der
Grundordnung der Universität Bremen eingeführt, mehrere Universitäten
folgten. Die Idee stammt aus der Friedensbewegung als Teil der
Abrüstungs-Politik.
Heute ergibt sich die Notwendigkeit von
Zivilklauseln mehr noch aus den ökonomischen Bedingungen, die die
Hochschulen direkt betreffen. Denn auch die Universitäten sind immer
mehr von Krise und Sparpolitik betroffen und damit auch im größeren Maße
abhängig von Drittmitteln.
Studium und Lehre werden schon lange nicht mehr vom
Staat ausfinanziert, daher müssen die Hochschulleitungen neue
Finanzquellen auftun. Das entdecken im zunehmenden Maße auch
Rüstungsunternehmen wie Krauss-Maffei Wegmann oder EADS für sich und
ihre Zwecke.
Die Unterfinanzierung führt zu immer mehr Drittmitteln
Denn an den Hochschulen ist es möglich, solide
Forschung relativ günstig zu betreiben, da die Hochschulen oft keine
andere Möglichkeit sehen, ihre Institute und Lehrstühle ausreichend
finanziell auszustatten, als sich von den Geldern von privaten
Unternehmen abhängig zu machen. Durch die Zusammenarbeit mit
öffentlichen Einrichtungen kann die Rüstungsindustrie ihre Forschungs-
und Entwicklungskosten senken und wird somit durch öffentliche Mittel
subventioniert.
Aber auch das Bundesministerium für Verteidigung
investiert in manche Hochschulen das, wofür in den Bildungsetats
angeblich kein Geld vorhanden ist. Alleine 2010 wurden über 2,5
Millionen Euro an verschiedene Hochschulen ausgeschüttet.
Wissenschaft, Forschung und Lehre müssen dem Frieden dienen
Zunehmend regt sich dazu aber Protest von
Studierenden. So stimmten Ende 2010 in Köln 65% und Anfang 2012 in
Frankfurt am Main 76,3% der Studierenden für die Einführung einer
Zivilklausel. Kritik an der Entwicklung der Militarisierung der
Hochschulen rührt von dem Grundgedanken her, dass Wissenschaft,
Forschung und universitäre Lehre dem Frieden dienen und an zivilen
Lösungen der großen globalen Herausforderungen arbeiten sollen.
Kooperationen mit Einrichtungen die aber aus militärischen Konflikten
ihren Vorteil ziehen, konterkarieren diesen Anspruch und müssen daher
konsequent abgelehnt und verhindert werden.
Ein vielgebrauchtes Argument von
ZivilklauselgegnerInnen beruft sich auf die verfassungsgemäße Freiheit
von Forschung und Lehre, die durch die Einführung einer Zivilklausel
angeblich beschränkt würde. Ebenfalls in Bezugnahme auf das Grundgesetz
kann dieser Kritik schnell widersprochen werden. Denn die Freiheit von
Forschung und Lehre entbindet nicht von der Einhaltung der ebenfalls in
der Verfassung garantierten Menschenwürde und der Friedensfinalität.
Diese drei Gebote stehen in enger Verbindung miteinander und müssen in
Abwägung zueinander gewahrt werden.
Unternehmen entscheiden, welche Forschung ihnen Profit bringt
Weiterhin wird gegen die Zivilklausel oft angeführt,
dass die Unabhängigkeit der Wissenschaft durch die Festlegung auf
zivile und friedliche Forschung gefährdet wird. Dieser Punkt lässt aber
außer Acht, dass es nicht die BefürworterInnen der Zivilklausel sind,
die die Unabhängigkeit der Wissenschaft gefährden. Indem sich der Staat
aus der Verantwortung zieht, die Hochschulen vollumfänglich zu
finanzieren, kommen diese erst in die Situation sich zum Beispiel in der
privaten Wirtschaft nach neuen Geldgebern umsehen zu müssen.
Unternehmen haben nun die Möglichkeit sich zu entscheiden, welche
Forschungszweige ihnen Profit bringen, welche sie also mit Mitteln
ausstatten wollen. Und in einer Welt, mit sich stetig verschärfenden
Gegensätzen und Konflikten hat die Erforschung von militärischen
Technologien natürlich Hochkonjunktur.
Eine Zivilklausel ist dabei jedoch weder ein
Allheilmittel zur Beendigung der Ausnutzung von Hochschulen durch
militärische Organisationen, noch ein starre Klausel auf der man sich
nach der Einführung ausruhen kann.
Die Einführung einer Zivilklausel ist erst der Anfang
Vielmehr erfordert eine Zivilklausel auch immer ein
aktives Arbeiten mit ihr. Denn der Einführung einer solchen Klausel geht
immer ein langer Diskussionsprozess voraus, in welchen auch geklärt
wird, wie wir uns eine dem Frieden verpflichtete Wissenschaft
vorstellen.
Und nach einer Einführung der Zivilklausel ist diese
keineswegs sicher. Erst im vergangenen Jahr musste die Zivilklausel an
der Uni Bremen in harten Auseinandersetzungen verteidigt werden – und
das nicht zum ersten Mal in der Geschichte der Hochschule. Auch
weiterhin ist ein kritischer Blick angebracht, denn die Verquickung von
Militär und Wissenschaft ist oft nicht augenscheinlich, sondern nur mit
viel Recherche aufdeckbar.
Die Hochschulen als Orte der Wissenschaft dürfen
nicht für menschwidrige Partikularinteressen in Dienst genommen werden,
so wie für die Rüstungs- und Kriegsforschung. Deshalb: Ja zur
Zivilklausel! – Nein zur Rüstungsforschung!
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