Laizismus endlich durchsetzen!
Jesus Christus ist gestorben und wieder auferstanden, weil man Karfreitag nicht tanzen durfte, bei Streaming-Diensten und im FreeTV ist Moses dem Pharao deutlich überlegen und jetzt ist auch noch der Papst tot: Die letzten Wochen hatten es religiös in sich. Während wir nichts gegen Feiertage und auch nichts gegen individuelle religiöse Bekenntnisse oder Betroffenheiten haben, so fällt doch eine Sache auf: Insbesondere das Christentum ist hierzulande weiterhin staatliche Aufgabe. Egal ob es um das von ARD und ZDF ausgestrahlte Wort zum Sonntag, um aufwendige religiöse ÖRR-Produktionen oder – noch deutlich entscheidender – um die Dotationen für Bischöfe, die Finanzierung von konfessionellem Religionsunterricht, von theologischen Fakultäten und von kirchlichen Krankenhäusern und Kitas, um die Eintreibung von Kirchensteuern oder um den Kirchenaustritt, der nicht über die Kirchengemeinde, sondern über staatliche Stelle angezeigt werden muss, geht. Die meisten Menschen betrifft dabei das kirchliche Arbeitsrecht, welches den kirchlichen Arbeitgeber*innen, die dafür allerdings vom Staat alimentiert werden, ermöglicht, das Streichrecht zu canceln und Menschen wegen eines anderen Glaubens, Homosexualität, einer Scheidung oder außerdienstliche Kirchenkritik zu feuern, was mehrfach von deutschen Gerichten bestätigt wurde.
An Ostern haben wir mit dem „Tanzverbot“ an Karfreitag und mit dem Verbot der Ausstrahlung beziehungsweise öffentlicher Aufführung etlicher Filme besonders absurde Beispiele für diese Verknüpfung gesehen. Das Feiertagsgesetz von NRW regelt für Karfreitag gar eine Umkehrung der eigentlich erwartbaren Verbotspraxis: Es ist nicht mehr das erlaubt, was nicht verboten ist, sondern das verboten, was nicht explizit vom Kultusministerium als „geeignet anerkannt“ wird.
Natürlich könnte es auch schlimmer sein: Die deutschen Amtskirchen stehen nach Jahrhunderten der praktizierten Reaktion derzeit nicht mehr auf der äußersten Rechten und werden von enttäuschten Faschist*innen genau wie von Julia Klöckner (CDU) deshalb angefeindet. Gleichzeitig warten Traditionskatholik*innen wie die Holocaustleugner*innen der Pius-Bruderschaft, die ausgerechnet vom deutschen „Panzerkardinal“ und Papst Benedikt XVI. wieder in die Kirche gelassen wurden, nur auf ihre Gelegenheit, wieder in der Mitte des Tisches Platz zu nehmen, auf dem der Staat ein überreiches Abendmahl präsentiert. Bei den Themen der Abtreibung und der Gleichberechtigung der Geschlechter gibt es bereits jetzt Interessengleichheit zwischen reformunwilligen Kirchenautoritäten und völkischen Hassgruppen.
Und bei der Evangelischen Kirche (EKD) sieht es nicht viel anders: Während man sich bei Synoden zurecht auch mit echten gesellschaftlichen Problemen beschäftigt und gerade in manchen Dörfern Sachsen-Anhalts nur noch der*die Dorfpfarrer*in die Demokratie verteidigt, weil sich Bürgermeister*innen schon lange unterworfen haben oder geflohen sind, warten Gruppen wie die „Studentenmission Deutschland“ (SMD) nur darauf, evangelikal zu übernehmen und uns endlich die „wörtliche Bedeutung“ der Bibel beizubringen – ob wir wollen oder nicht. Und es nicht so, als könnte man zwischen EKD und und Evangelikalen derzeit sauber trennen: Im geistlichen Mittelbau, an der Basis und auch auf der Führungsebene gibt es Kontakte und Bündnisse wie die „Evangelische Allianz“. Einige EKD-Mitglieder liebäugeln in unterschiedlicher Stärke mit der offenen Queerfeindlichkeit, der Behauptung der Ungleichheit der Geschlechter und mit der Kreuzzugspropaganda der Evangelikalen und würden im eigenen Laden gerne putschen.
Die Lösung kann also nicht sein, sich als Staat eine Kirche zu unterhalten, dafür enorme Mittel zur Verfügung zu stellen und in den Alltag mit obskuren Verboten hineinzuregieren. Wird der nächste Papst deutlich rechter, liest man im Bistum die Bibel bald wieder so antisemitisch wie Luther und wie reagieren die Amtskirchen, wenn die besonders Fanatischen unter ihren „Schäfchen“ sich dem Wahn der Evangelikalen hingeben? Niemand kann diese Fragen seriös beantworten. Die Praxis der BRD, sich als Staat selbst zu regieren, aber Kirchen, denen das gleiche Recht zugebilligt wird, auch noch öffentliche Aufgaben zu übertragen, die sie anstelle des Staates erledigen sollen, wird hier endgültig an ihre Grenzen gelangen.
Die Lösung ist der Laizismus, also eine Trennung von Staat und Kirche, und eine sozialistische Perspektive für den Ersatz der derzeitigen kirchlichen Leistungen durch etwas Besseres. Angefangen bei viel mehr säkularen Feiertagen, über eine echte soziale Infrastruktur für alle, hin zu der Realität, in der jeder Mensch sich auf gesellschaftliche Solidarität verlassen kann und jederzeit abgesichert ist, um sich frei zu entfalten.
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