Fundstück der 34. Kalenderwoche

(sw) Der SPDler Thilo Sarrazin, von der konservativen Welt mal als "Rockstar der Sozialdemokratie" und vom Spiegel einst als "Weichen-Steller" bezeichnet, hat heute sein berüchtigtes Buch "Deutschland schafft sich ab" der Presse vorgestellt und welche Äußerungen er in seinem "sachlichen Buch", wie er es nennt, tätigt, entbehren jeglichem Verständnis. Solche Thesen wie 

"Das deutsche Volk ist quantitativ dabei, sich abzuwickeln." oder „Alle Juden teilen ein bestimmtes Gen, Basken haben bestimmte Gene, die sie von anderen unterscheiden.“ hat er angeblich empirisch geprüft und seine Aussagen seien zwar etwas überspitzt, seien aber die Realität in Deutschland. Traurige Wahrheit ist dabei, dass Sarrazin sogar von Einigen noch Rückendeckung erhält. So sagte Altkanzler Schmidt (SPD): "Wenn er sich ein bißchen tischfeiner ausgedrückt hätte, hätte ich ihm in weiten Teilen zustimmen können". Der bekannte Provokateur Hendryk M. Broder bezeichnete die Kritik an Sarrazins Aussagen als "Hetzjagd", die gegen alle geführt wird, die nicht dem Mainstream nach dem Mund reden (Broder sieht sich selbst meist als Opfer des Mainstreams, obwohl er selbst für FAZ, Spiegel, etc. schreibt und veröffentlichte dieses Jahr im selben Verlag wie Sarrazin noch sein Buch mit dem Titel: Gebt den Juden Schleswig-Holstein!: Wenn Deutsche Israel kritisieren - ein Streit.). Kritik erhält Sarrazin von vielen Seiten. So nannte der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde, Kenan Kolat, die Aussagen "kulturrassistisch" und der Extremismusforscher Hajo Funke sagte dazu: Es ist nicht nur rechtspopulistisch [...], es geht darüber hinaus, weil es klar rassistisch ist und Herr Sarrazin von der erblichen Struktur von ganzen Gruppen spricht.“ Gerade der sarrazinischen Biologismus ist für fast alle unverständlich und stellt ihn in die Rassetheorien des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Nicht umsonst hat die NPD bei Sarrazin schon angefragt, ob er nicht "als Ausländerrückführungs-Beauftragter(!) der NPD" fungieren oder den NPD-Parteivorstand beraten könnte. Der Schritt des SPD-Vorsitzenden Gabriel, einen Parteiausschluss des Rassisten zu fordern, kommt damit zwar spät, da Sarrazin schließlich immer wieder durch rassistische und anti-islamische Aussagen aufgefallen ist, sollte jedoch schnellstmöglich vom zuständigen Kreisverband angegangen werden.
Der SDS MLU lehnt die rassistischen und zutiefst diffamierenden Aussagen gegenüber MigrantInnen ab. Wir dürfen jedoch die Aussagen nicht ignorieren, sondern müssen intensive Aufklärungsarbeit leisten, um viele Vorurteile und Stereotypen in der Gesellschaft abzubauen, um eine Integration aller Gesellschaftsmitglieder zu ermöglichen. Zudem sollte sich der Verlag Deutsche Verlags-Anstalt fragen, weshalb ein solches Buch veröffentlicht wurde und ob die Herausgeber einfach nur auf viel Geld und Publicity aus war ohne die Konsequenzen für die MigrantInnen zu bedenken. Die Strafanzeige des Berliner Menschenrechtsanwalts Schultz gegen Sarrazin wegen u. a. Volksverhetzung und Verleumdung ist deshalb sinnvoll und wir hoffen, dass ihr vom Gericht stattgegeben wird.

weiterführende Literatur:

-apabiz und MBR 2010. Berliner Zustände 2009. Ein Schattenbericht über Rechtsextremismus und Rassismus.
-Lucke, Albrecht von 2009. Propaganda der Ungleichheit. Sarrazin, Sloterdijk und die neue "bürgerliche Koalition". In: Blätter für deutsche und internationale Politik 12/2009.
-Pirker, Werner 2010. Der Schwarze Kanal: Der Übertreiber. In: Junge Welt 28.08.2010.
-Wiegel, Gert 2009. Eliten-Rassismus à la Sarrazin. In: Blätter für deutsche und internationale Politik 12/2009
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Kommentare

  1. Die Tagesschau hat mal versucht Sarrazins Thesen zu prüfen...mit nicht gerade überraschendem Ergebnis.
    http://www.tagesschau.de/inland/sarrazin154.html und
    http://www.tagesschau.de/inland/sarrazin154_page-2.html
    Wer kauft sich nur dieses Buch?

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  2. Z. B. Necla Kelek, eine Sozialwissenschaftlerin die die "Lektüre nur empfehlen" kann. Und sagt auch über ihn: " Sarrazin ist, wenn ich das so sagen darf, ein feiner Herr." (Welt Online).

    Wie traurig... aber racism sells.

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