Kronauer: Grundlage für Studentenverbindungen ist struktureller Konservatismus

(sw) Der SDS.MLU hat am 27.10. um 18 Uhr zur Veranstaltung „Burschenschaften und extreme Rechte“ eingeladen. Wie der Referent Jörg Kronauer festhielt, ist die Grundlage für alle Studentenverbindungen ein „struktureller Konservatismus“, welcher jedoch unterschiedliche Ausformungen haben kann. Zudem zeigte er auf, dass es verschiedene Merkmale gibt, die in so gut wie jeder Studentenverbindung zu finden sind:
„Verbindungshaus, Brauchtum, Lebensbund-Prinzip und korporierte Eliten.“ Daraus bildet sich, folgt mensch Bourdieu, ein spezieller Habitus heraus, der bei Verbindungsstudenten zu finden ist. Studentenverbindungen sind im Sinne von Kronauer der Überbegriff für diese Organisationen und Burschenschaften gelten demnach als eine Untergruppe wie bspw. katholische Verbindungen. Zunächst ging der Referent auf die historischen und ideologischen Grundlagen, wie bspw. den „Turmvater Jahn“ oder Ernst Moritz Arndt. Beide verbreiteten im 19. Jahrhundert ein völkisches Denken im deutschen Raum und legten die Grundlagen für das „Deutschtum“; in Abgrenzung z. B. zu den Franzosen. Außerdem zeigte er Parallelen bei der Beteiligung von Studentenverbindungen zwischen der Bücherverbrennung beim Wartburgfest 1817 und während der Nazi-Zeit auf. Die oftmals getätigte Behauptung, dass Studentenverbindungen während der faschistischen Diktatur in Deutschland verboten gewesen wären, widerlegte er, in dem er aufzeigte, dass sich diese in Kameradschaften transformierten; z. B. auch die Halle-Leobener Burschenschaft.
Die aktuelle Bedeutung des Verbindungswesens zeigte Kronauer auf, in dem z. B. darauf hinwies, dass Jürgen Rüttgers, Thomas Gottschalk oder auch Joseph Ratzinger / Benedikt XVI. in einer katholischen Verbindung sind. Der aktuelle Verkehrsminister Ramsauer ist ebenso Mitglied in einer Burschenschaft, die dem Dachverband „Deutsche Burschenschaft (DB)“ angehört wie der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag Hans-Peter Uhl. Wenn mensch bedenkt, dass in der DB derzeit etwa 1.300 Studierende Mitglied sind und dem gegenüber 10.500 Alte Herren bzw. Damen stehen, sieht mensch das „soziale Kapital“, welches hinter solchen Studentenverbindungen steckt. Auch die Verbindungen ins rechtsextreme Lager sind nicht zu unterschätzen. So ist bspw. Jürgen Gansel (NPD Sachsen) Mitglied einer Burschenschaft und auch der Vorsitzende der Republikaner, Rolf Schlierer gehört einer an. Zudem erfolgt eine Abgrenzung der Burschenschaften zum rechten Lager selten; gerade gegenüber der DB gibt es immer wieder Vorwürfe.
Es bleibt demnach festzuhalten, dass Studentenverbindungen nicht pauschal als rechtsextrem bezeichnet werden können. Das jedoch gerade, wenn es um Burschenschaften geht, rechtsradikale Tendenzen immer wieder zu erkennen sind und die Zusammenarbeit zwischen rechtem Lager und Burschenschaften als eine Gefahr für demokratische Strukturen zu sehen ist. Deshalb gilt es, über diese studentischen Organisationen zu informieren und rechte Tendenzen aufzuklären, um gerade jungen Studierenden die Gefahren und Folgen aufzuzeigen. Wie Kronauer nämlich betonte, ist der Ausstieg aus dem Lebensbund-Prinzip sehr schwer.

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