Fundstück der 3. Kalenderwoche

(sw)"Ein Gespenst geht um in Deutschland - das Gespenst des Kommunismus." So oder so ähnlich könnte mensch die letzten zwei Wochen Berichterstattung über die Partei Die Linke zusammenfassen. In den deutschen bürgerlichen Medien ist von einer Kommunismusdebatte zu lesen, doch was war eigentlich passiert? In der marxistisch orientierten Tageszeitung "junge Welt" veröffentlichte die Parteivorsitzende
der Linken, Gesine Lötzsch, einen umfangreichen Artikel unter dem Titel: "Wege zum Kommunismus". Dieser Artikel erschien fünf Tage vor der, von der jungen Welt organisierten, Rosa-Luxemburg-Konferenz. Thema der Konferenz war: Wo bitte geht’s zum Kommunismus? Linker Reformismus oder revolutionäre Strategie – Wege aus dem Kapitalismus". In diesem geht es um einen Satz oder um die Abstraktheit noch zu schärfen, um 26 von über 2.200 Wörtern: "Die Wege zum Kommunismus können wir nur finden, wenn wir uns auf den Weg machen und sie ausprobieren, ob in der Opposition oder in der Regierung." Wenn mensch sich zudem noch den Artikel vom Format her anschaut, sieht mensch gut, dass dieser Satz auch noch im ersten Absatz zu finden ist; ein Schelm wer denkt, dass (fast) alle Journalisten da aufgehört haben zu lesen...
Ausgelöst von "Spiegel Online", brach ein Sturm der Empörung und Kritik herein, der alle Massenmedien und Parteien erfasste. Alle konservativen und liberalen Zeitungen (FAZ, Welt, Handelsblatt, junge Freiheit, etc.) sahen sich bestätigt, schon immer vor der Linken gewarnt zu haben und nun zeige die Partei Die Linke in Gestalt von Gesine Lötzsch ihr wahres Äußeres und Inneres und jetzt dürfe mensch sich ja wieder fragen, ob Die Linke überhaupt eine demokratische Partei sei. In diese Kerbe schlägt natürlich die CSU mit ihrem Generalsekretär Dobrindt und Parteovorsitzenden Seehofer, die offen über ein Parteiverbotsverfahren reden. Doch auch die restlichen Parteien zeigten "klare Kante" nach links und konnten die Äußerungen nicht nachvollziehen und kritisierten vor allem, wie mensch vom Kommunismus reden könne, ohne die 90 Millionen Tote unerwähnt zu lassen. (Wie ein Redakteur des "Neuen Deutschland" im Deutschlandfunk bemerkte, werde, wenn es um das Christentum geht, sich nie entschuldigt, welche Greueltaten im Namen Gottes begangen wurde - mensch denke bspw. an die Kreuzzüge oder die Inquisition)
Auch innerhalb der Partei Die Linke hat sich Widerstand geregt und so wurde über "Spiegel Online" oder auch "Welt" von verschiedenen Personen (bspw. Libiech, Ramelow) mitgeteilt, dass sie den Artikel so nicht geschrieben hätten und damit Lötzsch der Partei schade. Der parteinahe Studierendenverband dielinke.SDS hat sich in Form einer Pressemitteilung des damaligen Bundesgeschäftsführers Florian Wilde und in Form eines junge Welt-Interviews mit dem neuen Geschäftsführer Sascha Collet hinter Gesine Lötzsch gestellt und beide bekräftigten, dass der Kommunismus auch das Fernziel des Studierendenverbandes wäre. Der RCDS (RingChristlich-Demokratischer Studenten - parteinaher Studierendenverband der CDU) in Person von Sebastian Brewe (stellv. Bundesvorsitzende) kritisierte dies selbstverständlich und verwies gleichzeitig auf die soziale Marktwirtschaft und die Freiheitlich-Demokratische Grundordnung, die "zwei zentrale Gründe für die positive Entwicklung unserer Gesellschaft in den letzten sechs Jahrzehnten" sei. Zudem forderte er den SDS auf, ebenso wie der RCDS, eine unideologische Hochschulpolitik zu betreiben.
Wenn dann am Sonntag abend der Wirtschaftsminister Rainer Brüderle bei "Anne Will" erklärt, dass wir in Deutschland doch gar keinen Kapitalismus hätten, sondern die soziale Marktwirtschaft, der derzeitige Aufschwung allen Menschen zu gute kommt, aber noch noch Optimierungsmaßnahmen im sozialen Sektor angestrebt werden müssen, um den Staat handlungsfähiger zu machen, dann fragt mensch sich, weshalb es überhaupt Linke gibt?!
Doch zurück zum Ausgangspunkt: Wurde sich mit Kommunismus im Allgemeinen und dem Artikel im Speziellen überhaupt inhaltlich beschäftigt? Nein, weil sich gar nicht auf den Begriff des Kommunismus eingelassen wurde. Die bürgerlichen Journalisten/innen haben die Theorie dahinter ausgeklammert und nur die Anwendung im stalinistischen Russland oder maoistischen China für erwähenswert gehalten. Die Grundgedanken, die Lötzsch vor allem auf Luxemburg zurückführt, sind zum einen die Vergesellschaftung der Produktionsmittel und zum anderen deren demokratische Kontrolle durch Arbeiter/innen in selbstorganisierten Räten. Wer Lötzsch also undemokratisches Verhalten verwirft (oder auch den meisten linken Aktivist/innen), der hat Luxemburg entweder nicht verstanden oder erst gar nicht gelesen. Denn Demokratie ist nicht gleich Parlamentarismus. Und einen Bezug zur DDR herzustellen ist noch absurder, weil erstens die DDR kein kommunistisches Land war und zweitens die Theorie "Sozialismus" wenig mit dem "real existierendem Sozialismus" zu tun hat. Das obendrein es nicht den Sozialismus oder den Kommunismus gibt, sollte allen klar sein.
Wenn wir uns wirklich über Alternativen zum derzeitigen Gesellschafts- und Politikstand Gedanken machen wollen und dies ist dringend notwendig, dann muss auch die wichtige Ideologie des "Marxismus" ein Rolle spielen; ebenso wie die derzeit vorherrschenden Ideologien "Liberalismus" und "Konservatismus".

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