Bericht FDP-Wahlveranstaltung

(ag) „Mit Leidenschaft für Sachsen-Anhalt“, so prangte es groß auf der Bühne am vergangenen Montag. Die FDP hatte zu einer Wahlveranstaltung nach Halle geladen, aber auch um das 65 jährige Parteijubiläum von Hans-Dietrich Genscher zu feiern. Um in den Festsaal zu gelangen, musste mensch an unzähligen Sicherheitsleuten vorbei. Wahrscheinlich eine Maßnahme um „böse Kommunisten“ fernzuhalten, denn vor „denen

habe Deutschland im Moment wieder Angst“, so Veit Wolpert in seiner späteren Rede.
Der Saal im Kultur- und Kongresscentrum war gut gefüllt, mensch trug Entschlossenheit und Zuversicht zur Schau. Das fällt in diesen Tagen bestimmt nicht leicht, in den letzten Umfragen kommen die Liberalen nur auf Werte von ca. 4%. Der Wiedereinzug in den Landtag steht damit bedenklich auf der Kippe. Damit liegt die FDP Sachsen-Anhalt auch im Bundestrend, demzufolge die FDP bei einigen Länderwahlen um ihren Platz im Parlament kämpfen muss. Beim Blick auf das Landtagswahlprogramm, welches optimistischer weise Regierungsprogramm heißt, nicht unbedingt überraschend.
In Sachen Bildungspolitik sieht die FDP wenig Handlungsbedarf. Das Schulsystem, welches Kinder schon früh in „gut“ und „schlecht“ einteilt, soll, so wie es ist, bestehen bleiben „um jeden Schüler gemäß seine Talente und Begabungen fördern zu können“, nur kleine Optimierungen sollen vorgenommen werden. An den Hochschulen soll „mehr Akzeptanz für die Bologna-Reform“ geschaffen werden. Nicht verwunderlich, da dieser Prozess der besseren kapitalistischen Verwertung eines jeden Studierenden dient und der neoliberalen Politik der FDP damit natürlich genau die Hände spielt. Zu einer guten Bildungslandschaft gehört auch die Förderung von Eliten und Exzellenznetzwerken, die die FDP weiter vorantreiben will. Des Weiteren soll auch die Drittmitteleinwerbung und Sponsoring der Hochschule durch die Wirtschaft weiter ausgebaut werden. Ein weiterer Schritt zur Ökonomisierung der universitären Ausbildung.
Doch am vergangen Montag kamen die Landtagswahlen nur am Rande zur Sprache. Eher ging darum sich selbst und die 65 jährige Parteimitgliedschaft vom ehemaligen Außenminister Hans-Dietrich Genscher zu feiern. Der gebürtige Hallenser wurde in Reden von Spitzenkandidat Veit Wolpert, Landeschefin Cornelia Pieper und Bundesvorsitzenden Guido Westerwelle als „Architekt der deutschen Einheit“ geehrt.
Genscher hatte lange Zeit seine Mitgliedschaft in der NSDAP verschwiegen und war 1991 stark in die Kritik geraten, nachdem er, entgegen eines EG-Übereinkommens, die frühzeitige Anerkennung der ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken Slowenien und Kroatien durch die Bundesrepublik Deutschland verkündete.
Westerwelle betonte in seiner Rede, dass Deutschland ein geachtetes Land in der Weltgemeinschaft sei und dass nun wieder ein gesunder Patriotismus gelebt werden müsse.
Deutschland sei auch einer der wenigen Staaten, der international eine „Politik der militärischen Zurückhaltung“ praktiziere. Wie das mit der Verlängerung des Afghanistan-Mandats zusammenpasst, bleibt allerdings offen.
Die Reden der FDP-Prominenz wurden von zahlreichen Störungen begleitet, so versuchten TeilnehmerInnen der Montags-Demo ein Plakat zu entrollen und wurden, unter mithilfe einiger Sicherheitsleute, des Saales verwiesen.
Westerwelle versuchte das mit wenig geistreichen Kommentaren wie „Guido hat euch trotzdem lieb!“ zu überspielen.
Insgesamt zeigte sich die FDP am Montag wenig selbstkritisch, ob der drohenden Pleite bei den Wahlen. Es schien, als ließe mensch dieses Thema lieber außen vor, hätte es doch die gute Stimmung im pompösen KuK gedrückt.
Angebracht wäre wohl doch eher darüber nachzudenken, warum die neoliberale Politik für die Menschen in Sachsen-Anhalt nicht mehr attraktiv ist und die Umfragewerte dauerhaft sinken. Kürzungen im sozialen Bereich und einseitige Ausrichtung auf Wirtschaft und Unternehmen sind eben doch nicht das, „was Sachsen-Anhalt braucht“, wie Wolpert doch noch neulich in einem MZ-Interview betonte.

http://www.fdp-lsa.de/index.php?id=107
http://de.wikipedia.org/wiki/Hans-Dietrich_Genscher
http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1296557854181&openMenu=987490165154&calledPageId=987490165154&listid=994342720546

Kommentare

  1. Interessanter Einblick in den FDP-Wahlkampf. Diese Leute haben es einfach bei so wenig Selbstkritik verdient, mal fünf Jahre nicht im Parlament "fleißig" zu arbeiten. Andererseits würde das die Fortsetzung der Großen Koalition erleichtern. Aber man kann nicht alles haben, mal schaun, wie es in Hamburg nä. Sonntag läuft.

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