Studierende bleiben liegen
… oder werden aktiv gegen studentisch bemäntelte Querdenker!
Eines vorweg: Es ist erst einmal nicht verwunderlich und auch nicht besonders exotisch, dass es auch Corona-Leugner:innen unter den Studierenden an der MLU an an anderen Hochschulen gibt. Denn die Hochschulen sind aufgrund zahlreicher Ausschlussmechanismen zwar kein Querschnitt der Gesellschaft, aber spiegeln fast alle politischen Lager wider. Dabei unterscheiden sich die Einstellungen sicherlich in der Quantität der einzelnen Positionen von der gesamten Gesellschaft, aber prinzipiell ist hier jede vernünftige Meinung genauso vertreten wie jede menschenfeindliche Ideologie, die immer wieder reproduziert wird. Konkret scheint es uns in der Corona-Pandemie aufzufallen, dass ein deutlich überdurchschnittlicher Anteil von Professoren, teilweise emeritiert und teilweise noch aktiv, die Bühne des Lehrstuhls nutzt, um rechtsextreme und verschwörungsideologische Corona-Leugnung zu betreiben. Vergleiche zwischen den Eindämmungsmaßnahmen und dem Dritten Reich gehören dabei zum Standardrepertoire der selbsternannten Querdenker und anderer Menschenfeind:innen - egal, ob sie sich im Hörsaal austoben oder auf der Straße. Zu nennen wären hier - natürlich in Abstufungen - diejenigen, die als Hochschullehrer:innen faktisch falsch, unsachlich und verschwörungsideologisch zur Ausprägung dieses heute auf der Straße marodierenden Milieus beigetragen haben, zum Beispiel Leute wie Stefan Homburg (Öffentliche Finanzen, Leibniz Uni Hannover), Paul Cullen (Medizin, WWU Münster), Norbert Bolz (Medien, em. TU Berlin), Werner Müller (Rechnungswesen, HS Mainz), Christof Kuhbandner (Psychologie, Uni Regensburg) oder Ulrich Kutschera (Biologie, Uni Kassel). Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Einige sind bereits seit Jahren auf der rechtskonservativen oder rechtsextremen Seite unterwegs, andere haben sich durch Corona ans Licht der Öffentlichkeit gewagt, um die Menschen an ihrer vermeintlichen Genialität teilhaben zu lassen.
Im Vergleich dazu sind wir von den Studierenden positiv überrascht: In dieser Gruppe gibt es nicht nur eine der höchsten Impfquoten, sondern auch eine hohe Bereitschaft, andere nicht durch Ansteckungen ins vorzeitige Grab zu bringen. Während es definitiv gute Gründe gibt, gegen das völlige Ausbleiben einer echten studentischen Sozialhilfe und der fehlenden Unterstützung in der digitalen Lehre zu kämpfen, was sich im kommenden Corona-Semester endlich zutragen sollte, hat sich zum Glück nur eine extrem überschaubare Zahl der Kommiliton:innen an der Corona-Leugnung beteiligt, auch wenn diese sich in Form der Querdenken-nahen Vereinigung “Studenten stehen auf” oder - auf Halle bezogen - in Form der “Studentengruppe der Bewegung Halle” natürlich als die “schweigende Mehrheit” inszenieren. Wie weit sie von diesem Anspruch allerdings entfernt sind, zeigt ihre gleichzeitige Darstellung als verfolgte Minderheit, die sich in eine Traditionslinie mit Sophie Scholl stellt. Hier sehen wir auch, dass zwischen “Querdenker” und “Studenten stehen auf” kein Blatt Papier passt: Während sie gemeinsam mit Nazis marschieren, auf Querdenker-Demonstrationen antisemitische Verschwörungstheorien verbreitet und Journalist:innen angegriffen werden, verharmlosen sie den Nationalsozialismus mit ihrem extremen Pathos. Der einzige Grund der Existenz der “Studentengruppe” besteht offensichtlich darin, möglichst viele Menschen für die Corona-Leugnung zu rekrutieren und gleichzeitig die Legitimität als vermeintliche “Bildungselite” abzugreifen. So dürfen natürlich neben den Geschwistern Scholl auch Bezüge zu der “rebellischen 68er-Bewegung” sowie zu “deutschen Geistesgrößen” wie Lessing, Kant oder Luther nicht fehlen. Mit diesem natürlich nur zum Schein der Aufklärung verpflichteten Pathos versuchen sie dann weiter, Druck auf einzelne Hochschulen aufzubauen, die sie mit ständigen Eingaben und vorformulierten Rundbriefen nerven. Während die Hochschulleitungen eigentlich dahingehend zu kritisieren wären, dass sie nur die politischen Vorgaben umsetzen (und nicht mehr tun), imaginieren die “aufstehenden Studenten” eine Handlungsmacht und beanspruchen, dass man jede noch so weit hergeholte Behauptung über Impf- oder Maskenschäden mit ihnen durchdekliniert.
Das kann und sollte keine Hochschule leisten (wollen), denn jede Antwort würde ihnen nur den Eindruck vermitteln, sie würden sich tatsächlich in einer “wissenschaftlichen” Diskussion befinden. Die richtige Reaktion darauf ist deshalb, dass die Hochschulen alles dafür tun, dass ihre Studierenden geimpft werden und einen klaren antifaschistischen Grundkonsens gegenüber dieser rechtsextremen Mobilisierung behaupten. Die Aufgabe der Studierendenschaft besteht gerade in Sachsen-Anhalt darin, sich den antifaschistischen Protesten gegen die Aufmärsche der “Bewegung Halle” und anderer anzuschließen und sich für eine solidarische Bekämpfung der Corona-Pandemie stark zu machen. Dazu gehört es auch, sich über die Akteur:innen der einzelnen “Studentengruppen” zu informieren und aktiv zu werden. Wie die Strukturen der einzelnen Gruppen aufgebaut sind, hat die Regensburger Gruppe anita f. anhand des dortigen Ablegers gut aufgeschlüsselt:
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