Kultureinrichtung Steimletor?
Wer hätte das gedacht: Nach Jahren regelmäßiger Gastauftritte soll Uwe Steimle auch am 7. Mai 2023 wieder im Steintor-Varieté auftreten. Was sich stolz als „ältestes Varieté Deutschlands“ vorstellt, wird einmal mehr zur Bühne für Verschwörungsmythen und Menschenfeindlichkeit. Damit agiert das Steintor mit seinen Betreibern Rudenz Schramm, Rüdiger Sachse und Kay-Uwe Schöttner einerseits wieder einmal besonders verantwortungslos und setzt die praktische Unterstützung für Hetzer wie Steimle fort. Andererseits passt das Steintor in die Kultur- und Politiklandschaft Halles, die sich ebenfalls nicht darum schert, wer bei ihnen auftritt, solange irgendwas passiert (und irgendjemand dafür bezahlt).
Die Beispiele sind vielfältig: Lisa Fitz (Corona-Leugnerin) in der Ulrichskirche, Xavier Naidoo auf der Peißnitzbühne (zuletzt von sich aus abgesagt), Daniel Ganser (Verschwörungsideologe) in der Händel-Halle oder Faisal Kawusi (findet K.O.-Tropfen lustig) ebenfalls im Steintor. Auch politische und wissenschaftliche Akteur*innen machen dabei mit, man denke an die Leopoldina, die 2019 noch Hans-Joachim Maaz eingeladen hat und bei der weiterhin Pseudo-Wissenschaftler und AfD-Gründer wie Hans-Olaf Henkel auftreten und ihren neoliberalen und autoritären Müll verbreiten können. Politisch spricht es anscheinend nicht gegen eine Tätigkeit als FDP-Stadtrat zur Bewegung Halle zu gehen, wie es Olaf Schöder tut. Auch hat es zumindest 2019 niemanden gestört, dass Inés Brock-Harder (GRÜNE Stadträtin) Referentin bei eben jener Leopoldina-Veranstaltung von Maaz war. Und bis auf wenige Twitter-Kommentare störte es nicht, dass der SPD-nahe Volkspark einen Kongress von Jurist*innen beherbergt hat, die ihre Rechtspraxis mit Corona-Leugnung vereinbaren wollten. Dabei ist noch gar nicht die Rede von reaktionären Studentenverbindungen, die leider von SPD bis AfD überall geduldet werden oder von der CDU, die mit Stolz und Ex-MdB Bernstiel den rechtesten Rand bedient und Rechtsextreme wie Hans-Georg Maaßen einlädt oder ihren Studierendenverband RCDS AfD-Gründer Bernd Lucke einladen lässt.
Diese Beispiele sollten eigentlich abschreckend sein, aber sie taugen nicht zur Verteidigung des Steintors. Denn nicht nur ist bei Uwe Steimle der Fall unheimlich klar, auch ist Rudenz Schramm Mitglied der LINKEN Stadtratsfraktion, weshalb alle möglichen Strukturen (wie etwa Halle gegen Rechts oder die Linkspartei jenseits der Stadtratsfraktion) seit mindestens einem Jahr öffentlich auf ihn einreden, doch mal mit dem extrem rechten Comedian zu brechen. Und es ist nicht so, als würde es hier nur ums Geschäft gehen, denn seit bald einem Jahr heißt es stets, man finde Steimle schon nicht gut, aber auch nicht so schlimm. Also irgendwie wird anerkannt, dass Steimle „problematisch“ ist, gleichzeitig soll er aber eben nicht rechtsextrem sein. Damit lügen sich diejenigen, die mit dem Auftritt verdienen, einen Stadtrat decken wollen oder hier „Cancel Culture“ wittern, schlicht die Taschen voll. Denn wie soll das gehen: Reichsbürger-Propaganda verbreiten, AfD-Werbung machen, Verschwörungsmythen verbreiten, rassistische Proteste unterstützen – aber ohne die extreme Rechte? Das sind Behauptungen, die schon während der Pegida-Proteste dumm waren.
Aber man muss sich nicht für die ideologische Verblendung entscheiden, man kann es auch einfach richtig machen. Das hat die Evangelische Kirche mit Bezug auf Maaz getan und ihn einfach wieder ausgeladen. Auch Daniel Ganser wird in immer mehr Städten (z.B. Nürnberg und Dortmund) ausgeladen, selbiges gilt für Xavier Naidoo. Überall hier engagieren sich Menschen dagegen, dass der extremen Rechten eine Bühne geboten wird. Sogar in Chemnitz wird kritisch über den Auftritt Uwe Steimles diskutiert und auch hier sagte ihm eine Bühne ab. Und selbst wenn alles danach aussieht, als könne er wieder einmal auftreten, sind die Äußerungen Steimles eben derart offensichtlich auf die Errichtung einer reaktionären, autoritären und rechten Gesellschaft abzielend, dass es überall zu entsprechenden Konflikten kommt und jede Bühne die Möglichkeit hat, sich wahlweise auf die Seite antifaschistischer Akteur*innen oder eben auf die Seite von Uwe Steimle zu stellen. Wer sich auf die Seite von Steimle stellt, kann nicht Mitglied einer linken Fraktion sein. Als SDS fordern wir daher wahlweise die Absage der Veranstaltung oder den Ausschluss von Rudenz Schramm aus der Fraktion. Da wir wissen, dass das innerparteiliche Interesse an unseren Beschlüssen so eher marginal ist, wollen wir mit allen anderen Interessierten an einem deutlichen personellen Wechsel in der Kommunalpolitik arbeiten und bis dahin das Steimletor, seine Einladungspraxis und seine Verteidiger*innen mit Kritik überziehen.
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