Standgericht für Klimakleber? – Über die neusten Auswüchse des Repressionsregimes

Kaum ein Thema ist aktuell so sehr in aller Munde, wie die Proteste der Letzten Generation. Wenn sich Menschen auf die Straße kleben, um auf die drohenden Konsequenzen der Untätigkeit im Bezug auf den menschgemachten Klimawandel aufmerksam zu machen, sind die Reaktionen auf die kleinere Ungelegenheit eines eigentlich alltäglichen Verkehrsstaus vielfältig überzogen: Während sich das konservative Bürgertum in Rachefantasien bis hin zum PKW als Mordwaffe ergeht – im Zweifelsfall auch gegenüber unbekannten – erstatten seine parlamentarischen Vertreter*innen Anzeige gegen alles, was nicht bei drei auf dem Baum ist. Das ist alles nicht neu und wir haben das auch in der Vergangenheit schon kritisiert (1). 

Neu dagegen ist, dass der bürgerliche Staat nun in dasselbe Horn stößt wie der Mob. In Sachsen-Anhalt will man künftig gar nicht erst auf Urteile warten, sondern direkt zur Bestrafung übergeben. Nichts anderes ist es, wenn "Kosten für Polizeieinsatz" Aktivist*innen in Rechnung gestellt werden (2). Nun könnte man sich Fragen, welche tatsächlichen Kosten außer ein paar Euro für Sprit und eine Dose WD40 (was die hallesche Polizei als "Lösemittel" bezeichnet) denn entstünden, die man überhaupt in Rechnung stellen könne. Personalkosten sind es jedenfalls nicht, sind die eingesetzten Bullen doch ohnehin verbeamtet und müssen schlicht von anderen nutzlosen Einsätzen (z.B. Racial Profiling in der Waffenverbotszone) abgezogen werden. Von den vernachlässigbaren tatsächlichen Kosten einmal abgesehen ist es auch schlichtweg zynisch, den Betroffenen polizeilicher Zwangsmaßnahmen diesen "Service" auch noch in Rechnung stellen zu wollen.

Dass die Verletzung des einzig unumschränkten Grundrechts auf freie Fahrt (Fundstelle im GG ausstehend) nun ganz ohne Richter*in finanziell geahndet wird, zeigt wieder einmal, was wir schon lange wissen: Wer politisch arbeitet, kann sich auf die Verfassung nicht verlassen. Die dort garantierten Grundrechte kommen mit derartig vielen "abers" daher, dass sie letztlich keinen ernstzunehmenden Schutz vor staatlicher Willkür bieten. Das durfte z.B. auch letztes Jahr eine 15-jährige Klimaaktivistin aus Bayern am eigenen Leibe erfahren, als sie wegen einer Lappalie eine Hausdurchsuchung am Hals hatte, was wir zum Anlass nahmen, das Grundgesetz an seinem Geburtstag etwas kritischer zu betrachten (3).

Verweise:

1: http://sdsmlu.blogspot.com/2023/02/verklagen-uberfahren-beschimpfen-das.html

2: https://dubisthalle.de/fuer-die-letzte-generation-wird-es-teuer-klimakleber-in-sachsen-anhalt-sollen-kosten-fuer-polizeieinsaetze-bezahlen 

3: http://sdsmlu.blogspot.com/2022/05/repressionsmanahmehausdurchsuchung.html




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Laizismus endlich durchsetzen!

15.400 Mal gegen das Existenzminimum

Anmerkungen zur Hochschulwahl 2025