Redebeitrag Schnellroda 08.07.2023
Liebe Zuhörende,
wir stehen nicht zum ersten Mal hier, sondern sicherlich zum fünfzehnten Mal oder sogar noch häufiger. In dieser Zeit konnte man das Institut für Staatspolitik in verschiedenen Phasen beobachten: Die Hochphase der „Neuen Rechten“ zu Beginn auch unseres Protestes, als man den Machtanspruch auf das Dorf und das ganze Land anmeldete und sich dachte, dass der Durchmarsch der gewaltbereiten Nazis im Gewand der Identitären nun gelingen würde. Damals dachte man sich jede Woche ein neues Label aus, um eine Mosaik-Rechte zu inszenieren, die es so nicht gibt und auch nie gegeben hat. Hier konnte man den Gegenprotest nicht aushalten und versuchte aggressiv, Raumbesetzungsstrategien zu fahren – auch hier in Schnellroda, wo es die absurdesten Bilder gab.
Diese Nazis gibt es natürlich noch, aber sie versuchen es, bis auf kleinere Dummheiten, beim Institut für Staatspolitik nun etwas dezenter. So verschanzt man sich bei den Winter- und Sommerakademien im „Schäfchen“ und bleibt lieber unter sich, statt die vermeintliche Macht der Bewegung zu demonstrieren. Dafür gab es auch gute Gründe: Denn während Beobachter*innen durch den Wegfall der Identitären zurecht von einer Krise des IfS gesprochen haben, setzten die vermeintlich unabhängigen Freigeister des Faschismus alles auf die Karte der AfD und darauf, dass ihr Erfolg das Scheitern ihres neurechten Projektes schon verkraften wird.
Denn es ist eben nicht so, dass das IfS die AfD zum Erfolg gebracht hat, es ist genau umgekehrt: Die AfD ist nicht so erfolgreich, weil die Strategie des IfS aufgegangen wäre und der metapolitische Raum erobert wurde. Vielmehr ist sie so erfolgreich, weil alle anderen Akteur*innen entweder schwach sind, pro-faschistisch agieren oder zu sehr damit beschäftigt sind, ihre neoliberale Agenda durchzusetzen und noch schlimmeren Strukturen den Boden zu bereiten.
Denn was bringt es, den neusten rechten Shitstorm gegen die Regierung zu bekämpfen, wenn diese scheiß Regierung gleichzeitig beim Bafög kürzt, die Polizei auf Linke hetzt, die Kindergrundsicherung in den Sand setzt und Tausende von Flüchtenden im Mittelmeer ertrinken lässt? Natürlich hat der Antifaschismus diese Probleme schon immer: Der Status Quo wird auch gegen das viel Schlechtere verteidigt. Aber eben nicht nur. Es geht auch darum, die Herrschaft grundsätzlich zu kritisieren und auf das Gute hinzuarbeiten. Aber gleichzeitig schafft die Ampel es derzeit wirklich, den Begriff des Fortschritts so nachhaltig zu diskreditieren, dass es natürlich auch Schaden bei denjenigen anrichtet, die ohnehin was Besseres wollen.
Diese Tatsachen halten die Menschen beim IfS natürlich nicht vom Triumphieren ab. Nach einer Durststrecke, in der sie sich im Schäfchen verschanzt haben, feiern sie jetzt den Zwischensieg der faschistischen AfD und freuen sich über herausspringende Pöstchen und die damit einhergehende Relevanz in der extremen Rechten.
Hier beim Sommerfest geht es den Menschenfeind*innen, die zu Besuch kommen, ganz ähnlich. Oliver Kirchner, der Fascho-Boomer der AfD im Landtag von Sachsen-Anhalt, will mit den politischen Gegner*innen aufräumen. Seine Fraktionskollegen johlen und applaudieren. Zum Sommerfest kommen diejenigen, die das Fußvolk fürs Aufräumen bestellen – also die harten Neonazis. Aber es kommen auch die Herren Professoren, Ärzte, Beamte und Offiziere, die sich bei der weitergehenden Normalisierung der AfD zunehmend an die Öffentlichkeit wagen werden. Auch die wollen uns mindestens im Arbeitslager sehen und sind es gewohnt früher oder später ihren Willen zu bekommen.
Es lohnt sich also aus zwei Gründen besonders, auch nach viele Protesten wieder hier zu sein – egal ob das IfS nun immer noch steht oder nicht. Es geht erstens darum, auf diese massive gesellschaftliche Fehlentwicklung hinzuweisen und Widerstand dagegen zu organisieren. Das muss überall passieren: In den Betrieben, an der Uni, im Alltag und hier, beim politischen Feind. Und zweitens geht es darum, diesen ekelhaften Typen, die hier rumlaufen, deutlich zu machen, dass sie noch nicht gewonnen haben. Sie können heute feiern und sich vorstellen, was sie mit uns machen, wenn sie dann gewonnen haben. Aber wir sind trotzdem noch da und zerren ihre verachtungswürdigen Positionen und Taten an die Öffentlichkeit.
Und nicht nur das:
Liebe Besucher*innen des Fachos-Sommerfestes,
schaut euch insbesondere das sogenannte Rittergut von eurem Guru nochmal genau an, denn irgendwann wird es nicht mehr stehen.
Denn es wird immer antifaschistischen Gegenprotest geben. Dagegen könnt ihr gar nichts machen.
Und deshalb habt ihr noch lange nicht gewonnen. Und genau deshalb werden wir das IfS dichtmachen!
Und nicht nur das: Damit diese Menschenfeind*innen nicht gewinnen, gilt es auch anzuprangern, wie das Bürgertum ihnen Vorschub leistet – etwa wenn eine sogenannte "Volkspartei" auf die völlig unverholene Offenbarung des rassistischen Normalzustands innerhalb der deutschen Polizei mit tosendem Applaus reagiert. Um diese Verrohung zu überwinden, hilft nur für auch für eine bessere Gesellschaftsordnung auf die Straße gehen, die weit über das alltäglich produzierte Elend des Kapitalismus hinausgeht.
In diesem Sinne: Sommer und Sonne gibt es reichlich. Fehlt nur noch der Sozialismus. Arbeiten wir daran!
Vielen Dank!
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