Tätigkeitsbericht des SDS 2022/23

Als linke Hochschulgruppe haben wir uns in den letzten anderthalb Jahren (Mai 2022 - Oktober 2023) vor allem in den folgenden Bereichen engagiert:

Unterfinanzierung der MLU

Als SDS waren wir weiterhin Teil des Bündnisses #MLUnterfinanziert und haben bei verschiedenen Gelegenheiten gegen die Unterfinanzierung des Bildungssystems gekämpft. Dabei sind sowohl Niederlagen als auch Erfolge zu verzeichnen. Die Themen der viel zu hohen Mieten im Studentenwerke, der Fächerkürzungen an der MLU und der schlechten Arbeitsbedingungen für z.B. studentische Hilfskräfte hängen dabei zusammen, denn sie sind Ausdruck der neoliberalen Hochschulpolitik. Auch wenn die Kürzungen an der MLU (noch) nicht abgewendet werden konnten, wurde im Sommer 2022 immerhin ein Rektorat abgesägt. Das neue macht allerdings dort weiter, wo das alte aufgehört hat: Genau deshalb braucht es eine gesellschaftskritische und antikapitalistische Perspektive auf die Bildungsmisere, die wir auch der Partei empfehlen.

Gegen den Rechtsruck

Der Rechtsruck ist allgegenwärtig. So allgegenwärtig, dass er das sogar in der Partei DIE LINKE ist. Denn anders lässt es sich nicht erklären, dass Sahra Wagenknecht nicht schon längst aus der LINKEN ausgeschlossen wurde, weil sie seit 2016 mit rassistischen, queerfeindlichen und schlicht falschen Positionen gegen unsere Beschlüsse schießt. Die Frage, die sich jetzt allerdings stellt, ist die: Welche Konsequenzen ziehen diejenigen (MdB, MdL etc.) daraus, die Wagenknecht bis vor wenigen Wochen noch unterstützt haben bzw. ihren Ausschluss eben nicht wollten? Dazu werden wir zeitnah auch noch ein Positionspapier veröffentlichen. Aber Antifaschismus beschränkt sich nicht darauf, eine antifaschistische Grundhaltung in der LINKEN zu fördern, denn es gibt da deutlich mehr und deutlich schlimmeres. 

Die letzten zwei Jahren haben wir allerdings vor allem damit verbracht, uns mit rechten Studentenverbindungen und dem faschistischen Netzwerk der vermeintlichen “Neuen Rechten” (zum Beispiel in Schnellroda) auseinanderzusetzen. Wir haben dazu Vorträge organisiert, Demonstrationen unterstützt und Busse gemietet. Wir freuen uns auf jeden Fall über weitere Unterstützung. Dazu ging es natürlich auch um die Auseinandersetzung mit dem rechten Kulturkampf, der auch an den Hochschulen tobt. So gibt es mit dem “Netzwerk Wissenschaftsfreiheit” eine Strukturen, in der u.a. reaktionäre, queerfeindliche, ultra-neoliberale und rassistische Professor*innen sich als Opfer einer vermeintlichen “Cancel Culture” inszenieren, aber eigentlich selbst gegen politische Gegner*innen in die Offensive gehen wollen. Mit der Einrichtung einer AfD-Stiftung droht sich dieses Problem im Bildungssystem noch zu verschärfen, was schon jetzt von uns fordert, hier klar dagegen zu halten und den Rechten das Opfernarrativ nicht abzukaufen.

Wichtig ist uns vor allem, dass diejenigen, die gegen den Rechtsruck stehen, ihre Position nicht aufweichen. Wir sehen da in der LINKEN großes Potential, was aber noch nicht hinreichend genutzt wird. Denn neben der Causa Wagenknecht war auch die “Causa Steimle” eine riesige Enttäuschung für viele linke Studierende. Es ist nicht hinnehmbar, dass es zwischen einer LINKEN Fraktion und einem LINKEN Stadtvorstand Streit um die Frage gibt, wie man auf den Auftritt eines rechten Propagandisten wie Uwe Steimle zu reagieren hat. Wir sagen: Auftritte dieser Art sind von der politischen Linken zu bekämpfen.

Dabei können wir uns mit gutem Recht auf jeden Beschluss und jedes Grundsatzprogramm unserer antifaschistischen Partei berufen. Was auch gefehlt hat, ist eine inhaltliche Debatte rund um das Phänomen Steimle und den Rechtsruck. Wir müssen dazu sagen: Wer soll es sonst machen, wenn nicht wir? Wenn die einzige (ernstzunehmende) sozialdemokratische Partei keine klare Kante zeigt, wer soll es dann tun? Etwa die SPD oder die GRÜNEN, die gerade im Akkordtempo Geflüchtete entrechten und vor den Faschist*innen kapitulieren? 

Ausdrücklich positiv blicken wir deshalb auf den Beschluss des Landesparteitags “Gegen den Rechtsruck in Staat und Gesellschaft” und die darin enthaltene Solidarisierung mit Antifaschist*innen und linken politischen Gefangenen gegen die zunehmende staatliche Repression. Dieser korrespondiert gut mit der Kritik der MLU-Studierenden an der Repression gegen die Antifaschistin Lina E., die wir als SDS unterstützt haben und weiterhin unterstützen.

Für Selbstbestimmung

Ein Erfolgserlebnis 2022/23 war für uns die Gründung des Bündnisses “Halle for Choice”, welches sich für legale und sichere Schwangerschaftsabbrüche einsetzt und schon mehrere Demonstrationen durchgeführt hat. Hier sind auch die anderen (R2G-)Jugend- und Studiorganisationen gemeinsam mit kritischen Mediziner*innen vertreten. Jetzt gilt es von unten Druck für eine vollständige Legalisierung zu machen! Die Selbstbestimmung ist für (ungewollt) Schwangere immer noch erreicht. Aber es gibt zahllose weitere Menschen, die vor dem Gesetz und gesellschaftlich diskriminiert und unterdrückt werden. Deshalb haben wir auch zu queeren Protesten, z.B. beim Trans*Day of Visibility aufgerufen und uns mit einem Redebeitrag dort und beim CSD beteiligt.

Friedenspolitik

Als SDS haben wir uns mit zahlreichen Stellungnahmen, mit der Teilnahme an friedenspolitischen Veranstaltungen und in Zusammenarbeit mit dem AK Zivilklausel friedenspolitisch engagiert. So haben wir die türkische Angriffe auf Rojava, den djihadistisch-nationalistischen Terror der Hamas, den Angriffskrieg des aserbaidschanischen Regimes auf die Republik Arzach bzw. auf Armenien, die pro-Putin Positionen der extremen Rechten und den deutschen Militarismus kritisiert und u.a. Spendensammlungen für Rojava unterstützt.

Sozialismus*

DIE LINKE ist aus unserer Perspektive eine sozialdemokratische Partei. Da die SPD aber zu einer neoliberalen Partei der staatlichen Autorität geworden ist, wäre eine starke LINKE trotzdem ein Gewinn. Aber auch eine sozialdemokratische Partei, die im Wesentlichen auf die Mitarbeit in Parlamenten und Gremien setzt, braucht eine sozialistische theoretische Grundlage. Lernen können wir alle dabei von der USPD, die genau die “revolutionäre Realpolitik” vorgelebt hat, die wir brauchen. Auch deshalb haben wir das Gedenken an Karl Meseberg unterstützt, welches im Stadtverband schon sehr lang gepflegt wird. Wir schlagen vor, sich theoretisch mit dem Wirken von Karl Meseberg und seinen Genoss*innen zu beschäftigen und vor allem die Konsequenz in den Mittelpunkt zu stellen, die darin begründet liegt, erst mit der SPD und dann mit den tradierten Verwaltungsstrukturen zu brechen. 

Als gewisser Wermutstropfen für uns hat sich dabei der Umgang mit dem Bücherbestand des Linken Ladens erwiesen. Wir halten es für falsch, dass der Bestand im Zuge des geplanten Umbaus reduziert wurde. Das tun wir auch, weil sozialistische Theorien, ebenso in ihrer gerade zu kritisierenden realsozialistischen Form, die nicht zu verleugnende Tradition jeder Strömung der Arbeiter*innenbewegung sind. Wir hoffen, dass die inhaltliche Auseinandersetzung verstärkt wird und könnten uns auch selbst vorstellen, einen Vorstoß in Richtung der Beschäftigung mit der USPD zu machen, die wie weiter oben beschrieben, die einzige uns bekannte (deutsche) Partei ist, die sozialistische Politik mit dem Parlamentsbetrieb überzeugend verbunden hat.


*Status des Sozialismus: noch nicht erreicht. Anspruch: weiter daran arbeiten!





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