Zwei sachkundige Faschisten?

 Am 20.12.2023 hat der Stadtrat Udo Nistripke und Thorben Vierkant als sachkundige Einwohner berufen. Sachkundige Einwohner sollen in den Ausschüssen beraten und dabei ihre Erfahrungen und Perspektiven einbringen.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Mehrheit des Rates auf die Position gestellt, dass zur benötigten Sachkunde auch irgendwie ein kritisches Verhältnis zum Faschismus gehören müsse. Deshalb wurde insbesondere Thorben Vierkant, der am Anfang der Wahlperiode mit einer Entourage von gescheiterten Mitgliedern der „Identitären Bewegung“ (IB) schon berufen werden sollte, immer wieder mehrheitlich abgelehnt.
Damit konnte der Thorben, der seine bis jetzt sehr mau verlaufende politische „Karriere“ beim RCDS in Greifswald bzw. bei der dortigen Jungen Union gestartet hat, schon Erfahrung sammeln: Auch an der Uni scheiterte die von ihm und einigen „Identitären“ gegründete „Campus Alternative“ krachend und verschwand in der Versenkung.
Für Udo Nistripke war die Ablehnung wahrscheinlich neu, ist doch sein offenes Engagement für eine faschistische Partei kein Hindernis, öffentlich für die Handwerkskammer Halle tätig zu sein. Bereits vor der AfD bewies Nistripke seine rechtsextreme „Sachkunde“ bei der „Jungen Landsmannschaft Ostpreußen“ (JLO), wo den passionierten „Ahnenforscher“ die „fassbare Geschichte“ (i.e. Vernichtungskrieg im Osten) fasziniert haben soll. Auch Udo war vorher in der CDU, dann fehlte ihm möglicherweise die Umsetzung seiner mutmaßlichen ahnen- bzw. rassekundlichen Erkenntnisse und er ging zur AfD. Die Handwerkskammer stört das wohl nicht, genauso wenig wie die MZ, aus deren verharmlosenden Interview mit ihm wir diese hier zitierten Passagen haben (t1p.de/yhdwu).
Es war also durchaus positiv, dass der Stadtrat von Halle angesichts dieser Biografien doch Bedenken hatte und sich vor Gericht verteidigte. Leider konnte sich die AfD auf das Verwaltungsgericht verlassen, welches urteilte, dass die Sachkunde völlig unabhängig von politischer Einstellung (z.B. Faschismus) zu bewerten sei. Das ist natürlich witzig, weil es den Posten entwertet – schließlich wird die „fachliche Sachkunde“ nie von irgendjemanden bewertet und ein irgendwie nicht feindliches Verhältnis zu Menschenrechten gehört jetzt auch nicht mehr dazu.
Vom Gericht derart verpflichtet, entschied sich die Mehrheit der Stadträt*innen, die gegen die AfD eingestellt (also nicht in der CDU, in der FDP oder bei Hauptsache Halle) sind, der Abstimmung fern zu bleiben, sich zu enthalten bzw. als Einzelne symbolisch dagegen zu stimmen.
Vom Ergebnis her gedacht, ist der Versuch, Faschist*innen mal nicht überall hereinzulassen, damit misslungen. Sachsen-Anhalt gibt damit gleichzeitig die Antwort darauf, warum ausgerechnet hier so viel AfD ist: Weil viel weniger etwas dagegen haben. Das Engagement der knappen Ratsmehrheit ist bis zum Urteil durchaus anzuerkennen, aber das Ergebnis ist unabhängig davon katastrophal. Man kann sich als Faschist*in so positionieren wie Udo und Thorben und muss sich dabei in keiner Weise clever verhalten – trotzdem darf man mit gerichtlich und kommunalpolitisch verabsolutierten Trommelwirbel sein Mandat in einem demokratischen Gremium aufnehmen, während die Bürgerlich-Konservativen, dass dann sogar als Erfolg ihrer Politik verkaufen.
Wir plädieren dafür, dass Antifaschist*innen weiterhin aktiv gegen die AfD stimmen. Soll das Gericht die sachkundigen Faschisten selbst in den Ausschuss tragen - gegen diese Farce a la Sachsen-Anhalt sollte man sich aktiv stellen!


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