Karl-Meseberg-Gedenken Februar 2024

Am Wochenende erinnerten wir an Karl Meseberg, der am 11. Februar 1891 in Giebichenstein geboren wurde. Das gehörte zwar damals noch nicht offiziell zu Halle, aber trotzdem verbrachte Meseberg die meiste Zeit seines politischen Wirkens in Halle und wurde dort deshalb mit 28 Jahren von rechten Freikorps festgenommen, schwer verletzt, in die Saale geworfen und ermordet.

Meseberg setzte sich für Frieden und Demokratie ein. Zwar wissen wir relativ wenig von ihm als Person und seinen konkreten Einstellungen, aber der Kontext ist entscheidend: Er war sozialdemokratischer Arbeiter, wie viele in der Region auf dem linken Flügel der Sozialdemokratie. Wie die meisten wurde er eingezogen und diente als Matrose im imperialistischen Weltkrieg. Wie die meisten Soldaten musste er kämpfen ohne jemals gefragt worden zu sein, wofür und ob er das will oder nicht.

Nach dem Ausbruch der Novemberrevolution ging Meseberg nach Halle zurück. Auch hier sehen wir Parallelen: Was die Matrosen im November 1918 in Kiel und der gesamten Küstenregion angefangen hatten, das trugen sie mit dem Zug weiter in das gesamte damalige Deutsche Reich. Es ist also sehr gut vorstellbar, dass Karl Meseberg mit dem großen Aufstand der Matrosen zum entscheidenden Schlag zur sofortigen Aufnahme von Friedensverhandlungen beitrug und die Errungenschaften der Novemberrevolution hier vom Hauptbahnhof ausgehend in Halle verbreitete.

Dafür spricht, dass sein Name sehr schnell im Soldatenrat auftaucht und er zu den linken Kräften rund um die USPD, also die unabhängige Sozialdemokratische Partei, gezählt wird. Im Soldatenrat fiel er dadurch auf, dass er die Errungenschaften der Revolution gegen die damalige Mehrheitssozialdemokratie, vermeintlich unpolitische Kräfte und Bedrohungen von Außen verteidigte. So versuchte er in Halle immer wieder die Demokratisierung des Militärs durchzusetzen und hatte mit seinem Antrag zur Entfernung von Rangabzeichen einen großen Erfolg errungen.

Er gründete die Matrosenkompanie, die die Revolution und die Forderungen der Arbeiterklassen, analog zu der Volksmarinedivision in Berlin verteidigen sollte. Aber nicht nur das: Gleichzeitig übernahm sie zusammen mit dem Sicherheitsregiment auch die Aufgabe, die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten. Und hier waren sich bis zum Einmarsch der Freikorps alle einig: Die Matrosenkompanie tat das auf gerechte und verhältnismäßige Art und Weise. Anders als die bürgerliche Presse damals behauptete und auch heute noch kolportiert wird, kam es zwar durchaus auch zu Auseinandersetzungen, aber eben nicht zu Morden an Zivilist*innen. Der bolschewistische Greuel, der die spätere Ermordung der Revolutionäre und den Verrat der Revolution rechtfertigen sollte, existierte in der Rätebewegung niemals.

Und auch die Form des Linksradikalismus, die das große Ziel will, aber die Schritte dahin aufgibt, ist bei Meseberg nicht festzustellen. Im Soldatenrat ging es insbesondere den linken Reformer immer um Demokratie, Frieden und Sozialisierung – also die Überführung der Produktionsmittel in die öffentliche Hand. Das war das, was die MSPD versprochen hatte, was das Bürgertum versprochen hatte, was die Revolution allen Arbeiter*innen garantieren sollte. Und es ging darum, in Halle konkrete Schritte dahin zu unternehmen, wie etwa mit der erwähnten Entfernung von Rangabzeichen für Offiziere, um deutlich zu machen, dass die Mannschaften nur in der Befehlskette, nicht aber als Menschen unter den Ersteren stehen.

Der Weiße Terror fing in der Region mit der Ermordung Mesebergs an. Wo es vorher zwar Auseinandersetzungen unter den Soldaten und zwischen den Arbeiterparteien gab, gab es nun den Hass der bürgerlichen Truppen. Meseberg wurde mutmaßlich von Studenten ermordet, die Täter flohen nach Berlin, schlossen sich ihren Kommilitonen an, die vorher Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht hingerichtet hatten und dafür ebenfalls nie belangt wurden. Hier mordete kein Mob, wie es teilweise gegenüber den Arbeiter- und Soldatenräten behauptet wurde – sondern hier mordete die Elite. Deshalb wurde der angebliche Arbeiter-Mob ja auch bekämpft, während ein Mord für die Herren Studenten kein Karriereknick war – ganz im Gegenteil.

Frieden, Demokratie und erst Recht Sozialisierung sind im engsten Sinne Klassenfragen. Der Grund für die Söhne von Anwälten und Ärzten zum Gewehr zu greifen, war es, ihre Stellung in der Gesellschaft zu erhalten. Unterstützt wurden sie dabei von Kapitalisten, die zwar in den 20er-Jahren (noch) keineswegs geschlossen die spätere faschistische Terrorherrschaft unterstützten, aber die schon zu dem Zeitpunkt letztlich jede noch so autoritäre, brutale und menschenverachtende Diktatur förderten, um friedliche Arbeiter*innen und Soldaten daran zu hindern, ihren Traum von einem Leben in Gleichberechtigung zu leben.

Deshalb ist auch Geschichte ganz offensichtlich eine Klassenfrage und Gedenken natürlich politisch. In diesem unterstützen wir dieses als SDS gerne und danken allen, die auf den Südfriedhof gekommen sind.



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