Das
muss man erst einmal schaffen: Die ehemalige Bildungsministerin Feußner
hat so schlechte Politik für die Schulen gemacht, dass es sogar dem
Ministerpräsidenten zu bunt wurde. Bevor noch mehr Lehrer*innen das
Bundesland wechseln oder gleich wieder aufhören, ließ er sie rauswerfen
und durch Jan Riedel ersetzen, der sich als Reformer inszeniert. Die
Probleme im Bildungssystem wird er allerdings nicht lösen, die sind
nämlich grundsätzlich Teil des Kapitalismus und in ihrer besonders
prekären Ausprägung Teil der neoliberalen Elendsverwaltung, die gerade
in Sachsen-Anhalt zur Staatsform geworden ist.
Das
heißt konkret: Die soziale Ungleichheit, die dazu führt, dass um die
zehn Prozent der Schüler*innen ohne jedweden Abschluss die Schule
verlassen, wird vom Schulsystem selbst erhalten, verstärkt und
(re-)produziert. Erst die Noten, die ein Vergleichssystem sind, machen
es möglich, zwischen „ganz unten“ und „ganz oben“ sowie zahlreichen
Abstufungen in der „Mitte“ zu unterteilen. Das faktisch immer noch dreigliedrige (oder eher aufgrund der hohen Abbruchzahlen viergliedrige) Schulsystem clustert die jeweiligen „Leistungsbereiche“, in denen dann eine verschärfte Binnenkonkurrenz existiert.
So wird dann bestimmt, wer am
Ende in welche Richtung gehen kann.
Das
Besondere an Sachsen-Anhalt ist, dass hier nicht nur in verschiedene
Ausbeutungskategorien (bzw. Branchen), sondern in einem deutlich höheren
Maß als eigentlich rational wäre, auch überhaupt nirgendwohin verteilt
wird. Durch eine besonders schlechte Wirtschafts- und Bildungspolitik
sowie durch die Zerstörung der DDR-Strukturen im Zuge der westlichen
Übernahme, setzt Sachsen-Anhalts Schulsystem auch immer wieder auf das
reine „Beschulen“ – ohne jede Aussicht darauf, die Arbeitskraft später
zu nutzen.
Hier
setzt die realpolitische Kritik von Lehrer*innen und Schüler*innen oft
an und das ist auch richtig. Auch an den Hochschulen geht die Kritik vor
allem dahin, die inhaltlich völlig überflüssige Zerstörung der eigenen
Strukturen durch Kürzungen zu kritisieren. Gleichzeitig bedeutet das
aber auch, dass Sachsen-Anhalt sich eben auf seine Rolle in der
kapitalistischen Krise besinnt: Die der Irrelevanz für den immer stärker
zentralisierten Produktionsprozess und die absolute Missachtung seiner
Einwohner*innen, mit denen auch überhaupt nicht mehr gerechnet wird, wie
die Entlassung von Erzieher*innen in Halle zeigt.
Sachsen-Anhalts
Bildungssystem besser zu machen, heißt also, das kapitalistische
Sachsen-Anhalt zu überwinden. Lokal und regional sind die Mittel dafür
begrenzt, aber durchaus vorhanden. Denn die knappen Ressourcen werden
immer wieder in „Leuchtturmprojekte“ und in die sogenannte „freie
Wirtschaft“ gesteckt, anstatt in eine bessere Versorgung für
Schüler*innen, Studierende, Dozierende, Erzieher*innen und Lehrkräfte.
Das Intel-Debakel, das Zukunftszentrum oder die Exzellenzinitiative
sollen ein Teil des Landes „retten“, aber sorgen im Gesamten für
fehlendes Trinkwasser, steigende Mieten und Kürzungen in anderen
Bereichen.
Wir
haben nichts gegen Computer-Chips, die Zukunft im engeren Sinne oder
physikalische Forschung, aber etwas gegen die Wettbewerbslogik, bei der
die Mehrheit der Sachsen-Anhalter*innen aufgrund derzeit zementierter
Verhältnisse immer gegenüber den kapitalistischen Zentren (im
kapitalistischen Zentrum der BRD) den Kürzeren ziehen wird.
Die
Alternative vor Ort ist es, in die Breite zu investieren und das Leben
von möglichst vielen Menschen im Kapitalismus besser zu machen. Jeder
Cent, der in irgendein angebliches Superprojekt gehen würde, muss in
Klassenzimmer und Hörsäle fließen. Die Notenvergabe muss gestoppt und
die Reduzierung der Stunden und Angebote beendet werden. Es muss das
Ziel sein, dass Jede*r, der*die will, einen Abschluss bekommen kann -
sowohl die Schüler*innen als auch die Studierenden.
Wir fordern deshalb:
Der neue Bildungsminister soll schon einmal präventiv zurück treten!
Weg mit Elite-Schulen, weg mit Exzellenzclustern, weg mit Großprojekten –
her
mit Schulen und Hochschulen, die ganz in Ordnung sind – her mit einem
guten Leben für alle, die ein bisschen was für den Kapitalismus lernen
müssen und den Rest der Zeit möglichst viel Freizeit haben wollen –
Schluss mit der aktiven Ausgrenzung der Schüler*innen!
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