Fundstück der 23. Kalenderwoche
Werbung für die Bundeswehr...
(et) Nach dem Umbau zur Freiwilligenarmee scheint die Bundeswehr immer mehr Nachwuchsprobleme zu bekommen und reagiert mit vermehrten Propagandaveranstaltungen, wobei sie auch nicht davor zurückschreckt, schon die Kleinsten zu agitieren. In der vergangenen Woche erst wurde beim Tag der offenen Tür in Bad-Reichenhall versucht,
Kinder für das Kriegshandwerk zu begeistern. Dort konnten sie auf einem Miniatur-Schlachtfeld (mit dem Namen eines kosovarischen Dorfes) mit Waffenattrappen Krieg spielen. Ähnliche Szenen kann man auch in anderen Kasernen erleben, wenn sie zu einem „Tag der offenen Tür“ einladen.
Kinder für das Kriegshandwerk zu begeistern. Dort konnten sie auf einem Miniatur-Schlachtfeld (mit dem Namen eines kosovarischen Dorfes) mit Waffenattrappen Krieg spielen. Ähnliche Szenen kann man auch in anderen Kasernen erleben, wenn sie zu einem „Tag der offenen Tür“ einladen.
Aber auch IN den Schulen wird die Bundeswehr zunehmend aktiver: Ende März unterzeichnete Sachsen als achtes Bundesland einen Kooperationsvertrag mit der Bundeswehr, um deren Jugendoffiziere für „politische Bildungszwecke“ an Schulen einzusetzen. Letzten Monat scheiterten im sächsischen Landtag die Anträge der Opposition, aus dem Vertrag auszusteigen (LINKE) bzw. für solche Veranstaltung die Schulpflicht auszusetzen (SPD, Grüne).
Ob Schule, Universität, Zukunftsmesse, Arbeitsamt, Laternenfest oder Sachsen-Anhalt-Tag – überall versucht die Bundeswehr um Sympathie und Rekruten zu werben. Selbst an der Martin-Luther-Universität in Halle kooperiert, wie wir bereits berichteten (Fundstück der 14.Kalenderwoche), ein Professor der Wirtschaftswissenschaften mit der Bundeswehr. Ein anderer, diesmal Professor der Geschichtswissenschaft wirbt gar um ein Denkmal für die gefallenen Bundeswehrsoldaten: Um Demokratie politisch zu legitimieren, müsse betont werden, „wofür der Soldat in einer demokratischen Ordnung stirbt (…) Denn im gewalthaften Tod für die politische Ordnung liegt eine besondere Legitimationsquelle, vielleicht sogar die wichtigste.“
...und Widerstand dagegen: Schule ohne Militär
Nachdem Ende März die Schulkonferenz der Käthe-Kollwitz-Schule in Offenbach (Hessen) einen einstimmigen Beschluss gegen jegliche Zusammenarbeit mit der Bundeswehr verabschiedete, zieht nun das Robert-Blum-Gymnasium in Berlin nach. Die Schulkonferenz des Berliner Gymnasiums erklärte die Schule in Anlehnung an die Kampagne „Schule ohne Rassismus“ kurzerhand zur „Schule ohne Militär“ und löste damit einen Eklat aus.
Jugendoffiziere dürfen demnach nicht mehr zum Unterricht eingeladen werden, Exkursionen zu Bundeswehreinrichtungen sind untersagt, an Messen und Wettbewerben die von der Bundeswehr unterstützt werden will man sich nicht länger beteiligen und jegliche Werbung für Ausbildungs- oder Studiengänge an Bundeswehrhochschulen wurde verboten.
Begründet: Jugendliche könnten nicht „zum gewaltfreien Lösen von Konflikten“ erzogen werden, wenn durch Werbung und Veranstaltungen der Bundeswehr „das Vertreten von Wirtschafts- und Länderinteressen mit militärischen Mitteln von uns mit unterstützt wird“. Außerdem, so der Beschluss der Schule, würde dies in eklatantem Widerspruch zu §1 des Schulgesetzes von Berlin stehen, in dem die Anerkennung der Notwendigkeit von „Frieden“ und einer „friedliche[n] Verständigung der Völker“ als Erziehungsziele festgelegt sind.
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums kündigte nun an, man könne dies nicht hinnehmen, da die Bundeswehr „eine Institution mit Verfassungsrang“ sei. Außerdem müsse Unterricht kontrovers sein. Dass es bei Veranstaltungen der Bundeswehr an Schulen nicht um kontroverse Diskussionen, sondern um (An-)Werbung geht, ist überdeutlich. So sagte ein Jugendoffizier der Bundeswehr erst vor kurzem eine Veranstaltung ab, da er sich weigerte auf einem Podium zusammen mit Chris Capps-Schubert, einem Deserteur und Irakkriegsveteranen der US-Armee sowie dem Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime, Lorenz Knorr, Platz zu nehmen. Werbung für Militäreinsätze an den Schulen widerspricht außerdem klar der UN-Kinderrechtskonvention, welche für alle U18-Jährigen Gültigkeit hat.
Letztlich bleibt es aber trotz aller Kooperationsverträge den Schulen und Universitäten selbst überlassen, ob sie die Bundeswehr hereinlassen oder nicht. Der Widerstand von Lehrer_innen, Eltern, Schüler_innen, Studierenden und Dozent_innen kann also auch in Zukunft sehr erfolgreich sein. Die Berliner Kampagne „Schule ohne Militär“, Zivilklauseln an Universitäten und die Beschlüsse der beiden Schulen sind Musterbeispiele dafür, wie Antimilitarismus von Unten organisiert wird.
Links:
http://www.zeitgeschichte-online.de/portals/_rainbow/documents/pdf/hettling_bwe.pdf
Zu den Bad Reichenhaller Gebirgsjägern noch eine Neuigkeit: die Kinder durften auch echte Waffen anfassen und "ausprobieren". Siehe: Youtube http://bit.ly/ijwAOO und Junge Welt http://www.jungewelt.de/2011/06-08/043.php
AntwortenLöschenSchön, dass das Heeresführungskommando prüfen lässt, ob gegen bundeswehreigene Richtlinien verstoßen wurde. Wenn das alles als normal angesehen wird, weiß ich nicht mehr, wo wir eigentlich leben. Wie weit sind amerikanische Verhältnisse noch weg?