Das Problem heißt Privateigentum!

Die Bahnen fahren nicht wie sie sollen. Insbesondere in den letzten Tagen, weil in der Großen Ulrichstraße gebaut wurde und am Leipziger Turm ein einsturzgefährdetes Haus steht. Während das Problem mit der Baustelle behoben ist, bleibt das Haus am Leipziger Turm ein Problem und stört insbesondere den Bahnverkehr zum Hauptbahnhof.

Das ist ärgerlich, aber ist es auch ein politisches Problem? Als SDS haben wir nichts gegen sinnvolle Baustellen (z.B. zur Verbesserung der Infrastruktur) und nehmen dafür auch gerne einen Umweg in Kauf. Aber insbesondere die Tatsache, dass alle Hallenser*innen dazu gezwungen sind, ewig auf Bahnen zu warten oder gleich zu Fuß zu gehen, ist ein politisches Problem - eines, das in einer besser eingerichteten Gesellschaft zu vermeiden gewesen wäre.

Denn es ist kein Naturgesetz, dass Häuser einfach irgendwann einstürzen und dabei den ÖPNV in Mitleidenschaft ziehen. Viele Häuser, die älter als das hier behandelte sind, stürzen nicht einfach ein und stören den Verkehr nicht. Das Haus wurde allerdings vom Eigentümer jahrzehntelang einfach stehen gelassen und vergammelte allmählich. Erst jetzt, wo die Gefährdung schon da ist, verpflichten die Behörden diesen dazu, einen Abriss vorzunehmen. Deshalb soll “Eigentum verpflichten”, wie es im Grundgesetz heißt.

Das heißt, die Eigentümer*innen haben die Pflicht, irgendwann etwas dagegen zu tun, dass alle Hallenser*innen für immer auf ihre Bahnen verzichten müssen, aber gegen das in Kauf genommene oder gar gezielte Herbeiführen einer solchen Situation hat der Staat nichts einzuwenden. Kapitalist*innen können Wohn- und Geschäftsräume, die ihnen gehören, aktiv zerstören, den Menschen entziehen und alle Hallenser*innen im Zweifel wochenlang dafür leiden lassen, ohne dass ihnen mehr droht als ein Abriss. Das ist auch deshalb ein Skandal, weil der Abriss für den Eigentümer sowieso deutlich billiger ist als eine Sanierung. Wer die zahlreichen Ruinen in der teuren Innenstadt von Halle sieht, sieht genau diese Strategie bei der Arbeit: Alte Häuser vergammeln solange, bis sie unrettbar verloren sind. Der Denkmalschutz lässt grüßen!

Wir fragen: Wo ist die Entschädigung dafür, dass Wohnraum zerstört wurde? Was haben die Hallenser*innen davon, wenn die Kapitalist*innen irgendwann dazu verpflichtet werden, ihr Eigentum von den Schienen zu räumen? Wieso steht das Eigentum über dem Recht, zu wohnen und sich zu bewegen? Und wie lange will man an einem Eigentumsprinzip festhalten, dass sogar in solch kleinen Fällen dazu führt, dass Zehntausenden von Hallenser*innen aktiv auf den Kopf gespuckt wird? Wie kann es sein, dass der Eigentümer auch jetzt nicht enteignet wird?

In der kapitalistischen Gesellschaft ist das Privateigentum dermaßen heilig und unantastbar, dass wir fast schon froh sein müssen, dass nur die Bahnen ausfallen. Denn an anderer Stelle zerstört das Privateigentum direkt die ganze Infrastruktur. Zwar haben Behörden theoretisch bereits jetzt die Möglichkeit, mehr dagegen zu machen, aber das tun sie meist nicht, da das Eigentumsprinzip nicht nur durch Gesetze, sondern auch ideologisch geschützt ist. Aber eine nachhaltige Lösung wird es nur mit einer restlosen Abschaffung des Eigentums auf Wohnraum und sowieso auf alle Produktionsmittel geben.


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