100 Jahre hallescher Blutfreitag

Am 13. März 1925 wurde eine Wahlkampfveranstaltung der KPD im halleschen Volkspark brutal aufgelöst. Zehn Menschen wurden von der Polizei erschossen, darunter vor  allem Kommunist*innen. Heute ist klar: Der Leiter des Einsatzes war ein deutsch-nationaler Republikfeind, der auf Basis einer illegalen Anordnung die Auflösung veranlasste. Politisch verantwortlich war Paul Runge (SPD) als Polizeipräsident. Die SPD-geführten preußischen Behörden hatten ein Jahr zuvor noch alles getan, um tausende Faschisten in Halle paradieren zu lassen.

Beteiligt war daran auch Richard Robert Rive, der als deutsch-nationaler OB den faschistischen und völkischen Kräften die Räume der Stadt geöffnet hatte. Begründet wurde das auch mit der politischen Freiheit. Diese Freiheit hatten weder die Mitglieder der KPD, noch die der kommunistischen KP-Opposition, noch linke Abspaltungen der SPD, noch konsequente Radikaldemokrat*innen, Feminist*innen oder Pazifist*innen. In der Weimarer Republik wurden Linke und politische Arbeiter*innen regelmäßig ermordet.

Problematisiert wird heutzutage aber nicht, dass der Parlamentarismus Weimars auf dem Blut von Kritiker*innen aufgebaut wurde (und da ist es egal, ob es um Rosa Luxemburg oder Vertreter*innen des Thälmann-Kurses geht), sondern es wird weiterhin von einer Schwächung der Demokratie durch die “Ränder” gesprochen. Der Ablehnung der Republik durch das Bürgertum wird mit Verständnis begegnet, während Gewalt und Repression gegen die KPD gerechtfertigt werden. Das Denkmal von Fritz Weineck, der als Opfer von der DDR hervorgehoben und mytho-logisiert wurde, steht nur noch im Stadtmuseum.

Währenddessen heißt das im Jahr 1958 so benannte “Weineck-Ufer” heute wieder nach Rive, der Mitglied der Partei wurde, die Hitler an die Macht gebracht hat. DNVP- oder sogar SS/SA-Mitgliedschaften sind kein Hinderungs-grund für Straßennamen und eugenische, rassistische oder antisemitische Einstellungen sind es erst Recht nicht. Die KPD ist es. Das ist politisch gewollt. Aber es ist falsch. Denn die Opfer des halleschen Blutfreitags, die Opfer der Märzunruhen und des Kapp-Putsches standen gegen Faschismus und wurden Opfer rechter Gewalt.

Dazu kommt: Wahrscheinlich haben diejenigen, die vor 100 Jahren im Volkspark ermordet wurden, mehr an die bürgerliche Demokratie geglaubt als die allermeisten Bürgerlichen. Rechte wissen also, warum sie das Gedenken an Fritz Weineck verachten.

Wir erinnern an die Opfer des Blutfreitags:

Erich Dietz, 19 Jahre
Hans Dietmar, 15 Jahre
Kurt Eichel, 20 Jahre
Karl Fiedler, 48 Jahre
Wilhelm Härtling, 61 Jahre
Elfriede Klette, 20 Jahre
Fritz Müssel, 19 Jahre
Walter Naumann, 25 Jahre
Agnes Poppe, 35 Jahre
Fritz Weineck, 28 Jahre



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