AU reicht!
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Es
gibt Sachen, die kennt fast niemand, weil sie so absurd sind. Ein
Beispiel dafür ist die „Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung“, die
eigentlich nur die Studierenden kennen, die davon betroffen sind.
Denn
für den absoluten Großteil der Studis in Sachsen-Anhalt, für
Schüler*innen und für Arbeiter*innen – auch für Menschen, die von
Jobcenter betroffen sind und sonst in jeder Hinsicht drangsaliert werden
– reicht eine normale Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU), die man
gemeinhin als „Attest“ bezeichnet. Darin erklärt der*die Mediziner*in,
dass die Person krank ist – ohne gegenüber dem Kapital oder der Behörde
anzugeben, warum das so ist.
Das
ist auch ein wichtiges Grundrecht und das Einzige was Ausbeuter*innen
daran hindert, uns mit 40 Grad Fieber auf die Arbeit zu zwingen. Dieses
Grundrecht haben manche Studierenden in Sachsen-Anhalt aber explizit
nicht.
Denn
wenn man sich z.B. im wirtschaftswissenschaftlichen Fachbereich der MLU
mit einer AU/einem Attest von einer Prüfung abmelden will, dann wird
man auf die Pflicht zur Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung verwiesen.
Prüfungsausschuss und Prüfungsamt behalten sich nämlich vor, die dort
angegebene Symptomatik selbst zu bewerten. Dort gibt es zwar keine
Mediziner*innen, aber das Bedürfnis die Studierenden maximal zu
kontrollieren.
Und die Kontrolle braucht Zeit, weshalb man kurz vor dem Ende der
Abgabefrist kaum noch eine Chance hat, überhaupt rechtzeitig eine
Prüfungsunfähigkeit zugesprochen zu bekommen.
Begründet
wird das mit einer Rechtsprechung von vor über 30 Jahren, deren
universelle Gültigkeit durchaus bezweifelt werden darf – gerade vor dem
Hintergrund, dass zahlreiche Bundesländer inzwischen die allgemeine
Gültigkeit der AU anerkennen und bis jetzt noch nicht verklagt worden
sind.
Man kann
also durchaus davon ausgehen, dass die Bereiche an der MLU, die auf die
Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung bestehen, das auch wollen. Das ist
eine riesige Ungerechtigkeit für die betroffenen Studierenden, es ist
ganz faktisch ungesund, übermäßig bürokratisch und eine massive
Verletzung des Datenschutzes und der Freiheit von Studium und Lehre. Es
ist ein Skandal, dass das schon so lange geduldet wird.
Wir
an der MLU sind gefragt, dem Rektorat diese Unterdrückung der
Studierenden nicht mehr durchgehen zu lassen. Die Landespolitik ist
gefragt, endlich eine Formulierung in das Landeshochschulgesetz
aufzunehmen, die die Praxis ausschließt und deutlich macht, dass man
sich mit einem Attest von der Prüfung abmelden kann.
Dafür
bietet die derzeitige Novellierung des Landeshochschulgesetzes die
perfekte Gelegenheit. Wie praktisch, dass es bereits einen
Änderungsantrag der Linkspartei gibt, den die Regierungsfraktionen nur
kopieren müssen.
Und noch praktischer: Das würde sogar dem in der Landesverfassung
aufgenommenen Recht auf informationelle Selbstbestimmung entsprechen.
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